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Zhongshan Brücke, Lanzhou, Gelber FlußEiner der wichtigsten Handelswege Chinas vom Zentrum des Landes hin zu den westlichen Gebieten in Xinjiang führte über Lanzhou.

Jahrhunderte lang war die Uberquerung des Gelben Flusses in Lanzhou nur über eine Pontonbrücke möglich, die bei Hochwasser oft beschädigt wurde und in jedem Winter wegen Eisgang abgebaut werden mußte. Erst wenn der Fluß vollständig zugefroren war, gab es wieder eine Passage über das Eis.
Das bedeutete oft tage- oder sogar wochenlanges Warten an den Ufern des Flusses.
Von dieser Brücke zeugen heute noch drei Eisenpfeiler am Ufer des Flusses, die zum Befestigen der Taue dienten.

Seit etwa 1900 wird wohl über den Bau einer richtigen Brücke diskutiert worden sein. Vieles deutet darauf hin, daß der Belgier Paul Splingaerd, der in chinesischen Diensten stand, in diese Diskussion involviert und auch bei der Vertragsanbahnung vermittelnd zwischen der chinesischen und der deutschen Seite tätig war.

Die “Opiumkriege”, die “ungleichen Verträge“ und Revolten wie der „Boxer Aufstand“ ließen viele Beamte und manchmal sogar den Kaiserhof seit Mitte des 19. Jahrhunderts die Notwendigkeit einer Modernisierung Chinas nach westlichen Vorbild erkennen.
Ein Ausdruck dessen war die „Selbststärkungsbewegung“ (Ziqiang Yundong) oder „Verwestlichungs Bewegung“ (Yangwu Yundong ).
Warum diese letztendlich doch scheiterte, soll und kann an dieser Stelle nicht weiter erläutert werden.
Erwähnt werden soll hier aber, daß die eigentlichen Träger dieser Bewegungnicht der Kaiserhof und die ihm nahen Beamten waren sondern Beamte, die vorwiegend fern des Hofes in den Provinzen saßen. Sie betrieben die Etablierung moderner Institutionen, die Entwicklung einfacher Industrien, die Entwicklung des Transport- und Kommunikations- wesens und die Modernisierung des Militärs.

Eisenbrücke über den Gelben Fluß, LanzhouSo war es dann auch der Bürgermeister der Stadt Lanzhou, Peng Yingjia, der auch gleichzeitig der Vorsitzende des Büros für „Landwirtschaft, Industrie, Handel und Bergbau“ war, der den Plan vorantrieb, dort eine stabile eiserne Brücke über den Gelben Fluß zu bauen. Mit Hilfe des Gouverneurs Sheng Yun der für Shaanxi, Gansu and Xinjiang zuständig war und dem die Kaiserinwitwe Cixi vertraute gelang es, gegen die Intrigen und den Widerstand einzelner Beamter und konfuzianistischer Eiferer, Staatsgelder für den Bau der Brücke bewilligt zu bekommen.

Am 10. Oktober 1906 unterzeichneten Peng Yingjia und die deutsche, zu diesem Zeitpunkt noch in Tianjin ansässige Handelsfirma Telge & Schroeter [mit chinesischem Namen „Tailai Yanghang“] einen Vertrag über die Lieferung der Brückenteile und anderer notwendiger Baumaterialien.
Die Firma Telge & Schroeter genoß wegen früher abgewickelter Waffengeschäfte das Vertrauen sowohl der örtlichen als auch der zentralen Verwaltung.

Nach einigen Bedenken wurde ein junger amerikanischer Ingenieur mit dem chinesischen Namen „Man Baoben“ engagiert, der die Leitung des Brückenbaus vor Ort übernahm
und der bis zum Ende seines Lebens in Lanzhou blieb, um die technische Wartung der Brücke zu gewährleisten.

Im Juni 1907 kamen die ersten, in Deutschland vorgefertigten Teil im Hafen von Tianjin an.
Von den etwa 1700 Kilometern die das Material bis Lanzhou weitertransportiert werden mußte waren nur rund 480 Kilometer mit der Eisenbahn möglich. Die restliche Strecke wurde das Material mit Gespannen und Lasttieren transportiert.
Es dauerte 19 Monate bis das gesamte Material nach Lanzhou gebracht war.

 Lanzhou Eisenbrücke, Gelber Fluß Die Bauarbeiten begannen im Frühjahr 1907 und dauerten bis zum Juli 1909.

Die Brücke bestand aus fünf Kästen mit rechteckigem Querschnitt, die auf vier Pfeilern und dem jeweiligen Ufer auflagen. Die Kästen waren ein Ständerfachwerk mit parallelen Gurten, Querträgern und abschließenden Streben. Ein Kasten hatte 7 Fachwerke, deren Streben zur Mitte fallend angeordnet waren und im mittleren Fachwerk ein Kreuz bildeten.
Nach us-amerikanischer Nomenklatur eine klassische „Pratt Truss Bridge“. Alle Eisenteile wurden durch Nieten zusammengehalten. Die Brückentafel bestand aus Holzbohlen.
Die aus Steinen gemauerten Pfeiler und Uferbefestigungen stehen auf mit Stahl armierten Betonpfählen.

Für die 233 m lange Brücke wurde laut Vertrag eine Lebensdauer von 80 Jahren garantiert.

Die geplanten Kosten sollten 165 000 Tael Silber betragen, beliefen sich am Ende dann aber doch auf 306 600 Tael Silber.

Die Brücke, die im allgemeinen Sprachgebrauch nur als die „Eisenbrücke über den Gelben Fluß“ bezeichnet wurde, erhielt 1942 zur Erinnerung und zur Ehrung des Gründers der Republik China - Sun Yatsen - den Namen „Zhongshan Brücke“, den sie bis heute trägt.

Obwohl die Brücke mehrere große Fluten erlebte und ihnen widerstand, mußte sie doch mehrfach repariert und umgebaut werden.
So war sie z.B. 1919 infolge von Kriegseinwirkungen für eine 11 Tage währende Reparatur geschlossen.
Auch nach der Einnahme Lanzhous durch die Volksbefreiungsarmee am 26. August 1949 mußte die Brücke von den Schäden befreit werden, die sie durch die Kampfhandlungen genommen hatte.

Im Laufe von 40 Jahre seit ihrer Errichtung hatte der Verkehr über die Brücke gewaltig zugenommen. Bei der Planung der Brücke war ein zunehmender Kraftfahrzeugverkehr noch gar nicht absehbar. Um die Brücke darauf einzustellen, wurden die einzelnen Fachwerkkästen mit Bögen aus ebenfalls genietetem eisernem Fachwerk überspannt und verstärkt.
Das ist der Grund dafür, daß die Brücke heute auf den ersten Blick wie eine Bogenbrücke aussieht. Durch diese Maßnahme wurde die Fähigkeit zur Lastaufnahme auf das 10-fache des ursprünglichen Wertes erhöht.

Eisenbrücke, Lanzhou, Gelber Fluß 1990 wurden, um mehr Platz für den Autoverkehr zu schaffen, die beiden 1,20 m breiten Fußwege, die noch innerhalb des Kastens lagen auf 2,10 m verbreitert und zum Teil nach außerhalb des Kastens verlagert.

Im Oktober 2004 beschloß die Stadtverwaltung die Brücke für den Fahrzeugverkehr zu sperren und nur noch dem Fußgängerverkehr zu öffnen - vor allem aber, die Brücke als Denkmal zu erhalten.

Die Brücke ist heute nicht nur ein technisches Denkmal, daß daran erinnert, daß es die erste feste Brücke über den Gelben Fluß überhaupt war sondern auch ein Denkmal für die ersten Bemühungen um eine Öffnungspolitik Chinas, die aber erst in den 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts Realität werden konnte.

Es gibt noch viele interessante Details über die Brücke zu berichten, doch das beste ist, Sie kommen selber und entdecken Sie.